
Zu einem ersten Gedankenaustausch besuchte Fraktionsvorsitzender Heinz Wieser, begleitet vom gewerkschaftspolitischen Berater der Fraktion, Markus Peyn und Fraktionsgeschäftsführer Joachim Balzer, am 3. September den Betriebsrat des Städtischen Krankenhauses Kiel.
Betriebsratsmitglieder Heike Mohr, Dr. Gert Sötje und Betriebsrat-Vorsitzender Axel Bethke schilderten gleich zu Beginn des Gesprächs die desaströsen Folgen der Unterfinanzierung der deutschen Krankenhäuser. Alle sind sich einig darüber, dass im Wesentlichen bundespolitische Entscheidungen hierfür verantwortlich sind. So wird beklagt dass vor allem die länderweit unterschiedliche Basisfallvergütung die wesentliche Ursache für die strukturellen Defizite gerade norddeutscher Krankenhäuser ist. Das Städtische Krankenhaus Kiel erhält für seine Leistungen wesentlich weniger Geld, als eine Klinik in Düsseldorf oder Stuttgart für exakt die gleichen medizinischen Behandlungen. Um auf die dauerhafte Unterfinanzierung der Häuser, vor allem im nördlichsten Bundesland, aufmerksam zu machen, haben sich die Betriebs- und Personalräte von 12 schleswig-holsteinischen Kliniken in der Kampagne „Über(das)Leben im Krankenhaus – Gerecht geht anders“ zusammengeschlossen.
In eigenen Berechnungen hat der Betriebsrat nachgewiesen, dass bei einer Gleichbehandlung aller Kliniken für das Kieler Krankenhaus Mehrerlöse in Höhe von 3 Mio. Euro pro Jahr erwirtschaftet werden könnten.
Aber auch das Land Schleswig-Holstein kommt seinem Versorgungsauftrag nicht nach, so dass das Städtische für den fast fertiggestellten und dringend benötigten Neubau des Hauses IV. 7 Millionen € selbst übernehmen muss. Geld, das eigentlich für die medizinische Versorgung und Pflege der Patienten vorgesehen war.
Heinz Wieser machte deutlich, dass weder die Partei DIE LINKE, noch die Kieler Ratsfraktion der Ansicht sind, man müsse eine Klinik ausschließlich nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben führen, mit dem Ziel, eine schwarze Null zu erwirtschaften. Vielmehr gehören Krankenhäuser zur öffentlichen Daseinsvorsorge und sollen sich in allererster Linie am Wohl der Patienten und an korrekten Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten ausrichten. DIE LINKE unterstützt ausdrücklich den Protest der Krankenhausbeschäftigten auf lokaler, Landes- sowie auch auf Bundesebene.
Mit rund 1800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist das Städtische Krankenhaus zu 100% im Besitz der Stadt Kiel. Deshalb sieht die Ratsfraktion DIE LINKE die Kieler Selbstverwaltung in einer besonderen Verpflichtung zur Sicherung der Existenz des kommunalen Krankenhauses und damit der medizinischen Versorgung der Kieler Bevölkerung und natürlich – last but not least – steht sie in einer besonderen Verantwortung zum beschäftigten Personal.
Das Wunschdenken einiger, zum Jahresende eine schwarze Null in den Büchern stehen haben zu müssen, hat längst dazu geführt, dass infolge der immensen Arbeitsverdichtung viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis zum Äußersten ihrer Leistungsfähigkeit beansprucht werden. Aufgrund der personellen Ausdünnungen im gesamten medizinischen und pflegerischen Personalbereich muss mittlerweile, im Falle von personellen Krankheitsfällen und Urlaubsnahmen, die erforderliche Mindestversorgung der Patienten zumindest in Frage gestellt werden. Der jetzt stattfindende Einsatz von Leihpersonal über Zeitarbeitsfirmen sowie die Beschäftigung von geringer qualifiziertem Ersatzpersonal kann nicht eine befriedigende Lösung darstellen, um Behandlung und Betreuung der Patienten auf einem wünschenswerten Niveau zu halten.
Zutreffend und drastisch schilderte Schwester Heike Mohr, Mitglied des Betriebsrates, die Situation: „die Kolleginnen und Kollegen kommen zum Dienstantritt unausgeruht und kriechen nach Dienstschluss auf dem Zahnfleisch nach Hause“. Bezeichnend auch die Tatsache, dass die Geschäftsführung bei Neueinstellungen Beschäftigte mit halber Arbeitszeit bevorzugt und das wohlwissend damit begründet, dass sie die körperliche Belastung bei Vollzeitdienst nicht für zumutbar hält. Wohl unerwünschte, aber tatsächliche Folge davon ist, dass zunehmend mehr Beschäftigte einen Zweitjobvertrag mit einer Leiharbeitsfirma abschließen. So kommt es dann schon regelmäßig vor, dass morgens im Städtischen gearbeitet wird und abends noch eine Spätschicht im UKSH, wo die Verhältnisse nicht anders sind, drangehängt wird. Auch so lässt sich dann ein Mindesteinkommen sicherstellen.
Angesichts dieser eher weniger ermutigenden Perspektiven ist es dann auch nicht verwunderlich, dass vor Allem die Beschäftigten sich Sorgen machen über den Verkauf des Städtischen Krankenhauses an einen privaten Träger. Auch, wenn dies momentan nicht akut zu sein scheint, kann man wohl sicher davon ausgehen, dass spätestens dann, wenn man sich einige Jahre vergeblich nach der schwarzen Null gestreckt hat, aus kommunalen Politikkreisen wohl wieder die Stimmen nach einem Verkauf laut werden.
Alles in Allem ein ziemlich ernüchterndes, besorgniserregendes Bild von einer für Kieler Bürgerinnen und Bürger doch so unverzichtbaren und geschätzten Einrichtung. Die Gesellschaft muss sich entscheiden, auf welche Weise die krankenhäusliche Patientenversorgung künftig als angemessen zu betrachten ist.
Die Informationsgespräche mit dem Betriebsrat des Städtischen Krankenhauses will die Ratsfraktion der LINKEN zu einer regelmäßigen Einrichtung machen. Im Frühjahr soll dann die Situation der ausgegliederten Service-GmbH Thema der Gespräche sein.