
– es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Stadtpräsident,
sehr geehrte Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen,
bevor ich beginne, möchte ich mich, auch für DIE LINKE, ganz ausdrücklich bei den Mitarbeiter*innen der Verwaltung und insbesondere der Kämmerei für die geleistete Arbeit, welche in dem jetzt vorgelegten Haushalt steckt, bedanken. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein Jahr in dem die Stelle des Kämmerers fast durchgehend unbesetzt war, für die Mitarbeiter*innen eine besondere Herausforderung bedeutet hat. Insbesondere möchte ich dem scheidenden Amtsleiter, Herrn Brünger, danken, der mir in den vergangenen Jahren furchtbar viele Fragen zum Haushalt immer geduldig und ausführlich beantwortet hat.
Meine Damen und Herren, man sagt gemeinhin, „Das Haushaltsrecht ist das vornehmste Recht eines Parlaments und somit Kern unserer parlamentarischen Demokratie. Das mag für den Umfang der heutigen Beratung gelten. – Immerhin starten wir 9 Uhr morgens und wollen bis in den Abend debattieren. Aber gilt es auch für den Inhalt unserer Beratungen?
Worüber streiten wir eigentlich?
Der Haushalt der Landeshauptstadt Kiel umfasst mittlerweile mehr als 1 Milliarde Euro. Ein Großteil davon ist mit Pflichtaufgaben und Personalausgaben festgelegt. Zur Disponibilität steht lediglich ein kleiner Teil des Haushalts. Und auch in diesem Bereich sind wir uns hier im Hause weitgehend einig. Die im Finanzausschuss und in der heutigen RV durch die Kooperation eingefügten Änderungen betreffen gerade einmal den Promillebereich des Gesamthaushalts. In der Gesamtbetrachtung ist das marginal. Davon zu sprechen, das man damit dem Haushalt einen Stempel aufdrückt entsprechend lächerlich. Am Ende stimmt die Kooperation „ihren“ Haushalt durch, die Opposition stimmt dagegen und wir alle haben heute und in den letzten Wochen eine Unmenge an Arbeitszeit und Lebenszeit verbraucht. Gerade läuft ja öffentlichkeitswirksam eine Debatte über die Länge der Ratsversammlungen. Vielleicht sollten wir damit beginnen uns mit der Qualität der Haushaltsberatung zu beschäftigen. Ich glaube immer noch, dass man Haushaltsberatungen kürzer, lebendiger und bürgerfreundlicher gestalten kann. Für heute bleibt es wohl beim Ritual.
Zur Vorbereitung des heutigen Tages habe ich mir noch mal meine letztjährige Haushaltsrede rausgesucht und überlegt, ob ich die wohl auch dieses Jahr, mit ein paar kleinen Veränderungen wieder halten könnte. Fast zumindest …..
Kernthema der Verlautbarungen und Berichterstattungen war auch dieses Jahr wieder die Frage nach dem ausgeglichenen Haushalt bzw. dem Haushaltsüberschuss. Die Frage nach der schwarzen Null. (Meine Vorredner*innen sind ja bereits ausführlich darauf eingegangen).
Für die DIE LINKE ist diese Betrachtungsweise nicht überzeugend. Es geht für uns nicht um die Frage ob man Schulden macht oder nicht. Ein öffentlicher Haushalt ist kein Privathaushalt. Das Ammenmärchen von der schwäbischen Hausfrau sollte nicht mehr die Diskurse bestimmen. Schon gar nicht hier oben im Norden. Trotzdem hat das Novum eines Überschusses schon in der Haushaltsplanung den Vorteil, dass die Kommunalaufsicht nicht mehr in der Lage ist, den Investitionshaushalt zusammenzustreichen.
Wir sollten dies als Möglichkeit sehen und nutzen.
Ein öffentlicher Haushalt dient primär der Daseinsvorsorge. Und dies sollte das Kernparameter eines gelungenen Haushalts sein. Da geht es in erster Linie um den Zugang, Ausgleich und die Bedürfnisbefriedigung der jeweiligen Einwohner*innen.
Ein gelungener Haushalt ist der, welcher die bestehenden berechtigten Bedürfnisse der Bürger*innen in angemessenem Umfang befriedigt. Die Frage ist nun, ob der Kieler Haushalt das leistet?
Zuvörderst steht da für uns – und das wird sie nicht überraschen – das Thema Wohnen. Die Bürgerinnen und Bürger und die, die es werden wollen, brauchen guten, bezahlbaren und verfügbaren Wohnraum. Und daran mangelt es in dieser (wachsenden) Stadt erheblich. Wir Linke sprechen bereits von Wohnungsnot, aber wir sind uns doch alle einig, das im Bereich Wohnen in dieser Stadt etwas passieren muss.
Meine Damen und Herren,
ich gehe davon aus, dass Sie alle über abgesicherten Wohnraum verfügen. Aber fragen Sie doch mal in ihrem Bekanntenkreis herum, wer gerade auf Wohnungssuche ist. Fragen sie, wie das ist wenn man von Massenbesichtigung zu Massenbesichtigung tourt. Wenn eine Absage nach der anderen kommt. (und teilweise nicht mal mehr diese)
Und wie man sich fühlt, wenn der Tag des Auszugs aus der alten Wohnung naht und immer noch nicht klar ist, wo es hingeht. Hören sie ihren Bekannten zu und sie werden verstehen. Hier könnte die Kommune, die Stadt Kiel, als verlässliche Partnerin, auftreten, die den benötigten Wohnraum zu fairen Preisen anbietet.
Wohnen ist ein existentielles Grundbedürfnis und es sollte nicht dem radikalen Markt überlassen werden.
Die Ratsversammlung hat in vergangen Sitzungen häufig über Teilaspekte des Themas Wohnen debattiert. Real passiert ist leider weniger. Die Stadt will eine Wohnungsbaugesellschaft gründen. Das ist gut uns aber entschieden zu wenig. Und das wird auch – da sind wir uns sicher – den Wohnungssuchenden dieser Stadt zu wenig sein.
Die letzten Jahre haben unserer Ansicht nach deutlich gezeigt, dass die private Wohnungswirtschaft weder willens noch in der Lage ist, dieses Grundbedürfnis zu befriedigen. Man muss dies konsequenterweise als Marktversagen klassifizieren. Umso dringlicher ist hier die öffentliche Hand gefordert.
Mit dem jetzt bereits Planung ausgewiesenen Überschuss haben wir endlich die Möglichkeit zu handeln.
Wir begrüßen es außerordentlich, dass in die kommenden Haushaltsjahre überhaupt wieder Gelder zum Aufbau eines kommunalen Wohnungsbestandes eingestellt sind. Allerdings ist uns die eingestellte Summe (jeweils 10 Mio.) zu gering und wir schlagen vor, jährlich 30 Millionen in den kommunalen Wohnungsbau zu investieren.
Die Summe mag gewaltig klingen, sie sollten aber nicht vergessen, dass Investitionen in Wohnraum in gleichem Umfang das Vermögen der Stadt erhöhen.
Unser langfristiges Ziel ist der Aufbau einer großen städtischen Wohnungsbaugesellschaft mit ca 13.000 Wohnungen im Bestand, die als verlässliche Partnerin für wohnungssuchende Bürger*innen auftreten kann.
Die aktuelle Haushaltslage gibt uns die Möglichkeit, diesen Weg zu beschreiten, wenn der politische Wille da ist.
Meine Damen und Herren von der Kooperation, Herr Oberbürgermeister, nutzen sie ihren Gestaltungsanspruch!
In den Haushaltsberatungen des Landes sagte Ralf Stegner. „Die Regierung schläft auf ihren Geldsäcken und tut nichts“
Von solchen Worten fühlt sich vielleicht nicht die gesamte Kooperation angesprochen, aber Ihnen, Herr Kämpfer und den Kolleg*innen von der SPD kann man dann doch nur zurufen: Beherzigen sie die Worte ihres Landesvorsitzenden doch bitte auch in Kiel und schlafen sie hier nicht auf den Geldsäcken ein.
Nichts tun ist auch in einem anderen Bereich nicht angebracht.
Ich spreche von einem weiteren finanziellen Schwerpunkt unserer diesjährigen Haushaltsanträge, nämlich der Luftreinhaltung am Theodor Heuss Ring. Dass die Luft dort gesundheitsschädlich ist, das die Grenzwerte massiv überschritten werden, ist hinlänglich bekannt und ich brauche das nicht weiter ausführen.
Das für diesen Bereich die Aufwendung von Geldmitteln notwendig ist, ist ihnen ja offenbar auch schon mal plausibel, da sie in der mittelfristigen Planung ebenfalls Gelder einplanen. Aber mir ist vollkommen unverständlich, warum sie 2019 und 2020 überhaupt kein Geld dafür einplanen, überhaupt nichts tun wollen.
Dass der Klageweg der Deutschen Umwelthilfe weitergeht, dass Fahrverbote 2019 unmittelbar bevorstehen ist ihnen doch auch klar. Und trotzdem wollen sie dort nichts tun? Ich verstehe es nicht. Weder das Schwarze-Peter-Spielen, noch die Plauderrunden mit der Kanzlerin noch irgendeine Art Pokerspiel werden sie substantiell weiterbringen, Herr Oberbürgermeister. Es geht darum dort jetzt etwas zu tun und Geldmittel in die Hand zu nehmen. Also tun sie dies und ziehen wie von uns beantragt die eingeplanten Mittel in das Jahr 2019 vor.
Bezahlbares Wohnen und saubere Luft, das sind die Schwerpunkte, die die Fraktion DIE LINKE in diesem Haushalt gern setzen würde. Nun ist uns klar, dass wir mit diesen Anträgen heute keine Zustimmung erfahren – das wurde ja bereits im Finanzausschuss deutlich – wir haben jedoch die Hoffnung, dass der eine oder andere unserer Anträge unter anderer
Fraktions-Flagge wieder in den Haushalten der Folgejahre auftaucht. So hatten wir ja in den vergangenen Jahren immer wieder Anträge zur Einrichtung eines Verhütungsmittelfonds erfolglos gestellt, um in diesem Jahr festzustellen, dass auch andere Fraktionen sich dem Anliegen nicht mehr verschließen und es endlich in den Mehrheitshaushalt aufgenommen haben. „Steter Tropfen höhlt den Stein.“ ist eine Redensart, die mir da unweigerlich in den Sinn kommt.
Einlassungen zu den weiteren Anträgen der LINKEN werden wir in der Fachdebatte anbringen.
Da mir jetzt die Zeit fehlt, werde ich zu den Anträgen der anderen Fraktionen dort Stellung nehmen. Ich danke für ihre (mehr oder weniger geteilte) Aufmerksamkeit.