
Eine Gesellschaft ohne Barrieren und ohne Diskriminierung?
Am 26. März 2009 schrieb Deutschland Geschichte. Gemeinsam mit über 160 Staaten und der EU wurde ein Vertrag geschlossen, der verbindlich die Inklusion von allein in Deutschland fast 8 Millionen Menschen mit Behinderung, besiegeln soll. In der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) geht es um Inklusion, um die gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft. In den 50 Artikeln werden ausführlich Themen wie Gleichberechtigung, Frauen und Kinder mit Behinderung, Recht auf Leben, selbstbestimmtes Leben und Einbeziehung in die Gemeinschaft, Wohnen, Bildung, Gesundheit, Arbeit, Beschäftigung und Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben, behandelt.
Dazu erklärt Magda Franzke, Inklusionsbeauftragte der Ratsfraktion DIE LINKE: „Gerade zur politischen Teilhabe wurde erst Anfang dieses Jahres vom Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass der bisherige Wahlrechtsausschluss von unter Betreuung stehenden Menschen mit Behinderung verfassungswidrig war. Aber auch in vielen anderen Bereichen sind Kernforderungen der UN-BRK leider immer noch nicht umgesetzt!“
So fordert Artikel 19 beispielsweise u.a. gleiche Wahlmöglichkeiten, volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe. Aber immer noch gibt es überwiegend institutionelle Wohn- und Betreuungsformen, mangelnde barrierefreie, rollstuhlgerechte und bezahlbare Wohnraumangebote für Menschen mit Behinderung und auf Pflege angewiesene Menschen mit Behinderung werden weiterhin in stationären Pflegeheimen untergebracht.
An den Schulen sieht es nicht viel besser aus. Viele Bildungseinrichtungen sind nicht barrierefrei, so dass Kinder mit Rollstuhl es sehr schwer haben, eine entsprechende Einrichtung zu finden, in der sie wohnortnah unterrichtet werden können. Es fehlt auch an Personal, das die persönliche Assistenz für den Unterricht gewährleistet.
Ein weiteres Beispiel ist Artikel 27. Er betrifft den Bereich Arbeit: Hier heißt es, das Menschen mit Behinderung das gleiche Recht auf Arbeit haben. Und zwar in einem offenen, integrativen und zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld. Damit sind eben nicht nur Werkstätten für Menschen mit Behinderung gemeint, sondern auch der erste Arbeitsmarkt! Menschen mit Behinderung die einen Job außerhalb von solchen Werkstätten gefunden haben sind leider immer noch seltene Ausnahmeerscheinungen und „Vorzeigeexemplare“. Insgesamt haben sich die Inklusionsabsichten hier noch so gut wie gar nicht bemerkbar gemacht. Über 60 % der Unternehmen in Deutschland zahlen lieber eine Ausgleichsabgabe, anstatt Menschen mit Behinderung eine Chance zu geben.
„Es ist noch viel Luft nach oben und es bleibt viel zu tun, bis der Gedanke der Inklusion, Teilhabe und Barrierefreiheit in unserer Gesellschaft wirklich fest verankert ist. Dabei kann die UN-BRK wegbereitend sein, aber es reicht nicht, sich auf der Unterzeichnung der Konvention auszuruhen. Wir sind alle gefordert ihre Forderungen auch Realität werden zu lassen!“, so Franzke abschließend.