Ausschreibungsverzicht: Verschenkte Gelegenheit zur Neuaufstellung der Sozialpolitik

16. Januar 2020

„Wir gratulieren Renate Treutel und Gerwin Stöcken zu ihrer jeweils zweiten Amtszeit und hoffen auf eine möglichst gute Zusammenarbeit in den kommenden sechs Jahren. Glücklich sind wir mit dem ganzen Verfahren allerdings nicht!“, kommentiert Ratsherr Stefan Rudau, Vorsitzender der Ratsfraktion DIE LINKE, den von der Ratsversammlung beschlossenen Ausschreibungsverzicht und die Wiederwahl der beiden Dezernent*innen.

Die Ratsfraktion DIE LINKE steht dem Ausschreibungsverzicht von Dezernent*innenstellen grundsätzlich skeptisch gegenüber. Eine Ausschreibung und anschließende Wahl, zu der im besten Falle mehrere geeignete Kandidat*innen zur Auswahl stehen, betrachtet die LINKE als ein demokratischeres Vorgehen bei der Besetzung der Verwaltungsspitze.

Im Fall von Renate Treutel, die ja erst seit relativ kurzer Zeit Bürgermeisterin ist, ist es für DIE LINKE natürlich nachvollziehbar, dass die Kooperation auf eine Ausschreibung verzichten wollte – schließlich ist eine grüne Bürgermeisterin ja Teil des Kooperationsvertrages. Im Falle einer Ausschreibung hätte so zwingend eine Kandidatin gefunden werden müssen, die auch Bürgermeisterin werden möchte und gleichzeitig Mitglied bei Bündnis 90/ Die Grünen wäre – ein doch eher ungewöhnliches Ausschreibungskriterium.

Anders liegt der Fall aber bei Gerwin Stöcken. Hinzu kommt, dass die Ratsfraktion DIE LINKE keineswegs der Meinung ist, dass sich Herr Stöcken „in seiner Amtszeit in hervorragender Weise bewährt hat“. Beispielsweise hat sich die letzte Neuerstellung des Mietspiegels eklatant verzögert. Bis heute ist auch nicht abschließend juristisch geklärt, ob dieser Mietspiegel, aus dem immerhin die Mietobergrenzen abgeleitet werden und der daher für viele Kieler*innen existentielle Bedeutung hat, das Prädikat „qualitativ“ überhaupt führen darf. Im Jahr 2017 hat Herr Stöcken die Idee entwickelt, Hilfen für Obdachlose illegaler Weise an deren Meldeaderessen zu knüpfen und beim eigentlich als Vorzeigeprojekt gedachten Hörnbad versucht Herr Stöcken immer wieder mit Verweisen auf DIN-Normen die objektiv vorhandenen Barrieren für Menschen mit Behinderung wegzureden statt gründlich nachzubessern. Aus Sicht der LINKEN ließe sich diese Liste noch eine ganze Weile fortführen.

„Es hätte die Möglichkeit gegeben, die Kieler Sozialpolitik in diesem Jahr auf ganz neue Beine zu stellen. Dieser Gelegenheit wurde jetzt, wohl aus parteipolitischem Kalkül – Herr Stöcken ist ja SPD-Mitglied –, eine Absage erteilt. Wir zumindest bedauern diese verpasste Chance zutiefst!“, so Ratsfrau Margot Hein, sozialpolitische Sprecherin der Ratsfraktion DIE LINKE.