
Der vor knapp zwei Wochen vorgestellte Kieler Sozialbericht 2020 verdeutlich – allein schon durch die absolut richtige Schwerpunktsetzung auf die Wohnungslosigkeit in Kiel – die angespannte Lage auf dem Kieler Wohnungsmarkt.
„Das ist und bleibt bei weitem die größte Baustelle für die Sozialpolitik in Kiel!“, so Ratsherr Stefan Rudau, Vorsitzender der Ratsfraktion DIE LINKE, „Leider macht der Sozialbericht aber eben auch deutlich, dass selbst wenn das Bewusstsein für dieses Problem inzwischen bei fast allen angekommen ist, immer noch viel zu langsam, und zaghaft darauf reagiert wird. Hier bedarf es wesentlich stärkerer Anstrengungen, die mit wesentlich mehr Energie und höherer Geschwindigkeit vorangetrieben werden!“
Zu Recht weist Oberbürgermeister Ulf Kämpfer in seinem Vorwort darauf hin, dass die Kieler Wohnungsbaugesellschaft (KiWoG) keinen Tag zu früh gegründet worden sei. Die Ratsfraktion DIE LINKE hatte schon seit Jahren die Neugründung einer solchen Gesellschaft gefordert. Das war aber lange am Widerstand der Rathauskooperation gescheitert.
Wenn sich der OB jetzt aber über eine Rekordzahl an Baufertigstellungen freut, täuscht das über die tatsächlichen Zahlen hinweg: Im Jahr 2019 sind in Kiel lediglich 239 neue Wohnung mit Sozialbindung entstanden. Diese stehen über 4000 Wohnungen gegenüber, die 2018 aus dieser Bindung herausgefallen sind.
Um ein relevanter Akteur auf dem Wohnungsmarkt zu werden und damit Einfluss auf die Mietpreisentwicklung nehmen zu können, bräuchte die KiWoG einen Bestand von 11.000 bis 15.000 Wohnungen. Davon ist sie noch Jahrzehnte entfernt. Und die Ratsmehrheit ist auch nicht bereit hier mehr Tempo vorzulegen: In den vergangenen Haushaltsberatungen hat sie den Antrag der LINKEN, für ein schnelles Aufwachsen der KiWoG die benötigten Mittel bereitzustellen, abgelehnt.
„Wenn unser Sozialdezernent Gerwin Stöcken sich von den Kieler Nachrichten mit den Worten ‚Wohnungsverlust ist der tiefste Abstieg, den man sich organisieren kann‘ zitieren lässt, zeigt das auf erschreckende und zynische Weise, dass auch in der Verwaltungsspitze immer noch nicht angekommen ist, wie groß die Verantwortung der Stadt an dieser Stelle ist. Gleichzeitig müssen Familien jahrelang in Notunterkünften leben und Menschen über Jahre in Hotelzimmern vegetieren!“, regt sich Rudau auf. Und abschließend: „Um aber auch etwas Positives zu sagen: Immerhin hat die aktuelle Corona-Krise in Kiel offenbar nicht noch zu einer weiteren dramatischen Eskalation geführt. Hier hat die Verwaltung tatsächlich schnell und flexibel reagiert und gute Arbeit geleistet!“