
Die Rathauskooperation hat in der vergangenen Woche ihre Halbzeitbilanz vorgestellt und dabei auf eine „lange Liste der Beschlüsse und Vorhaben, die von der Kooperation in Angriff genommen worden sind“ verwiesen. Schaut man sich die Leistungen und Erfolge der Kooperation aber genauer an, legt dabei auch die im Kooperationsvertrag festgelegten eigenen Ansprüche zu Grunde und betrachtet das Abstimmungsverhalten von SPD, Grünen und FDP in der Ratsversammlung und den Ausschüssen auch bei Anträgen aus der Opposition, fällt die Bilanz deutlich magerer aus, als die Kooperation es selber darstellt. Viel zu oft erwies sie sich, auch bei Anliegen, die sie selbst z.B. im Kooperationsvertrag als gut und wichtig definiert hat, statt als Motor als Bremsklotz. Nicht selten ging es als Ausgleich für einen Schritt in die richtige Richtung direkt wieder zwei zurück. Eine Liste, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
- Beim von der Kooperation selbst als besonders wichtig bezeichneten Thema bezahlbarer Wohnraum ist eben keine Verbesserung zu beobachten. Im Gegenteil: Die Preise auf dem Wohnungsmarkt ziehen nach wie vor an. Eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft ist zwar gegründet, aber SPD, Grüne und FDP wehren sich, gemeinsam mit Gerwin Stöcken, ihrem Stadtrat für Soziales und Wohnen, mit Händen und Füßen gegen alle Versuche, die KiWoG auch zu einem relevanten Akteur auf dem Kieler Wohnungsmarkt zu machen. Stattdessen wird die Wohnungsbaugesellschaft nach dem Willen der Kooperation lediglich genügend Wohnungen halten, um bei sogenannten Wohnungsnotfällen Hotelunterbringungen zu vermeiden und auf diese Weise der Stadt Geld zu sparen.
Auch innovative Wohnformen fördert die Kooperation, anders als ihre Zielsetzung im Kooperationsvertrag das nahe legt, keineswegs. Den Prüfantrag der LINKEN aus dem Jahr 2019 dazu („Alternative Wohnformen in Kiel“, Drucksache 0339/2019) hat sie beispielsweise zunächst in die Ausschüsse verwiesen, um ihn dort ohne große öffentliche Aufmerksamkeit beerdigen zu können.
- Vom hehren Ziel aus dem Kooperationsvertrag „Jedes Kind soll schwimmen lernen“ ist die Stadt, trotz der verspäteten, sehr holprigen Eröffnung des Hörnbads weiter entfernt als je zuvor. Nach der Schließung der Schwimmhalle Gaarden, der massiven Verkleinerung der Schwimmfläche im Freibad Katzheide und dem Wegfall des Sprungturms dort, sind die Möglichkeiten zur Ablegung von Schwimmprüfungen in Kiel, trotz Zentralbad gesunken, statt gestiegen.
- Während es bei der lange geplanten Stadtbahn, trotz verschiedener Beschlüsse, gefühlt fast gar nicht vorangeht, ist das „Ein-Euro-Ticket“ nach wie vor in weiter Ferne. Zwar wurde im vergangenen Dezember beschlossen, dass die Preise für Einzeltickets im Februar 2021 um 30 Cent auf maximal 2,40 Euro sinken sollen, wenn man aber die Preissteigerungen der vergangenen Jahre berücksichtigt, die von der Kooperation stets unterstütz wurden (Anträge auf Ausgleich der Steigerungen im Nah.SH-Tarif lehnte sie immer ab), wirkt diese Senkung gleich viel weniger mutig. Und während die Veloroute 10 inzwischen zwar fertig gestellt ist, schreiten gleichzeitig die Planungen für den Ostring 2 und den Ausbau der A21 auf Kieler Stadtgebiet und damit auch für die weitere Asphaltierung des Kieler Grüngürtels und des Vieburger Gehölzes weiter voran. Und statt das Waldkonzept tatsächlich weiter zu entwickeln und den Kieler Stadtwald – wie von BUND und NABU gefordert – endlich vollständig in Naturwald umzuwandeln, begnügt sich die Kooperation damit, wirkungs- und sinnlose Berichtanträge zu stellen, um längst bekanntes noch einmal schriftlich von der Verwaltung dargestellt zu bekommen. Und statt sich für eine wirkliche Verkehrswende einzusetzen und den motorisierten Indiviualverkehr endlich zu reduzieren, setzte sich Kooperation dafür ein, Luftstaubsauger neben der Messstation am Theodor-Heuß-Ring aufzustellen. So wird zwar nicht die Gesundheit der Anwohner*innen geschützt, aber zumindest werden die Messwerte nach unten gedrückt.
- Einerseits gibt die Kooperation zwar vor „den Klima- und Meeresschutz noch stärker zum Markenzeichen Kiels“ machen zu wollen, andererseits lehnte sie jedes Bemühen, den meeresschädigenden Kreuzfahrttourismus zu reduzieren oder auch nur auf dem aktuellen Stand einzufrieren genau wie ein Verbot von Feuerwerken, die deutlich zur Belastung der Förde mit Mikroplastik beitragen, ab. Nicht einmal zu Resolutionen gegen von Kiel ausgehenden Flottenmanövern auf der Ostsee war die Kooperation bereit. Klima- und Meeresschutz geht anders!
- Nachdem 2018 schon die Selbsterklärung Kiels zum sicheren Hafen für Geflüchtete, dank des Widerstandes von Grünen, SPD und FDP, über ein Vierteljahr hinzog, hat die Kooperation seitdem jeden Appell an Bund und Land, freiwillig und über das vorgeschriebene Maß hinaus Geflüchtete in Kiel aufnehmen zu dürfen, verhindert bzw. entschärft.
- Im Zuge der Corona-Krise hat die Kooperation dann in der Ratsversammlung auch jeden Antrag, der darauf abzielte denjenigen, die bei der Bekämpfung der Pandemie in erster Reihe stehen, nicht nur Lob und abendlichen Applaus zu spenden, sondern durch Lohnerhöhungen und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen wirklichen Respekt zu zeigen, abgelehnt.
„Das alles sind nur Beispiele, aber sie zeigen, dass die Kooperation nicht nur aber auch in den für eine Kommune zentralen Bereichen Soziales, Wohnen und Umwelt- und Klimaschutz weit hinter sogar ihren eigenen Ansprüchen bleibt. In unseren Augen hat sie hier schlicht versagt. Und die Verantwortung dafür kann sie nicht auf äußere Umstände oder die Pandemie schieben. Es wäre durchaus möglich gewesen, anders zu handeln. Wir haben es beantragt, aber SPD, Grüne und FDP haben es nicht gewollt!“, fasst Stefan Rudau, Vorsitzender der Ratsfraktion DIE LINKE abschließend zusammen.